Gabriele Deutsch bringt Vagina Monologe
Ode der Sinnlichkeit
Psst! Es ist ein Tabu. Und doch ist es einer der schönsten, weil unverhunzten Namen für den weiblichen Geschlechtsteil. Das Wort darf vielleicht nur leise ausgesprochen werden. Aber steht es nicht für die normalste Sache der Welt? Mehr davon in einer furiosen Version der Vagina Monologe von Gabriele Deutsch.
Zugegeben: Es wird auch gestöhnt. Aber nur im Rahmen einer philosophischen Analyse über das weibliche Begehren. Ansonsten? Die Vagina aus Frauensicht; keine Angst, die Männer kommen nicht so schlecht weg. Die Vagina, wie sie sich selbst sieht und vor allem was sie will. Und was man ihr antut...
Die amerikanische Autorin Eve Ensler hat für ihr preisgekröntes Stück mit Frauen aus der ganzen Welt über da unten gesprochen und die Erzählungen aufgeschrieben. Gabriele Deutsch hat in den Linzer ATW eine spritzige Version aus dem Text entwickelt und wie Ensler verzichtet auch sie bei all dem Humor, den das Thema birgt, nicht auf Ernsthaftigkeit. Gewalt gegen Frauen wird ebenso aufgezeigt. Die lustvollen Betrachtungen aber überwiegen und schließen sich mit Liedern aus anderen Kulturkreisen zu informativen, unterhaltsamen und befreienden eineinhalb Stunden im Reich der Vagina.
Und Gabriele Deutsch ist die schillernde Performerin in dieser furiosen Ode an die Sinnlichkeit. Weiter Glanzleistung: Hemma Coufal am Violoncello. Ein sehenswertes Stück, das am Broadway aufgeführt wurde und jetzt endlich auch bei uns landete!
Vera Rathenböck, Kronen Zeitung
Kultstück Vagina Monologe in Linz
Frau, sprich mit ihr!
Gabriele Deutsch brilliert mit den „Vagina Monologen“
Ob Muschi, Miezekatze, Puderdose oder Bitschigogerl allesamt Namen, die eher ausgesprochen werden als Vagina. Denn eigentlich ist das Wort Vagina ein unsichtbares Wort, beinahe ein Unwort wie es im Stück Die Vagina Monologe heißt.
Die amerikanische Autorin Eve Ensler hat Frauen zum Thema Vagina interviewt, hat daraus ein Stück geschrieben, das seit seiner Uraufführung 1996 in zahlreich Sprachen übersetzt wurde und zum feministischen Kultstück geworden ist.
Es sind weibliche Erfahrungs- und Selbsterfahrungsberichte, auch schockierende und verletzende Tatsachenerzählungen über Beschneidungen und Vergewaltigungen.
Die Linzer Schauspielerin Gabriele Deutsch hat am Donnerstag im intimen Rahmen der Linzer Austria Theater Werke (ATW) ihre Version dieses Monologes präsentiert. Sowohl witzige als auch ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema, das alle Frauen betrifft. Eine natürlich und charmant dargebrachte Bühnenumsetzung ohne auch nur eine Sekunde Peinlichkeit.
Souverän schlüpft Deutsch in verschiedene Rollen von der naiven Fragestellerin über die sachliche Fachfrau, bis hin zu jener Dame, die da unten schon 1953 zugesperrt hat. Deutsch gibt jeder Figur spezifischen Charakter. Eine Sonderklasse für sich ist sie bei den Stöhn-Beispielen, mit denen sie wohl bei jeder 0-900er Nummer zur begehrtesten Vorstöhnpartnerin werden könnte. Einfach zum Stöhnen vor Lachen!
Begleitet wird sie am Cello von der wunderbaren Hemma Coufal, die ihr Instrument liebevoll streichelt und kraftvoll zupft, und ihm dabei klagende Laute, und verstörende Sequenzen entlockt, ebenso wie ein Schluchzen oder Juchzen.
Silvia Nagl, OÖNachrichten
Plädoyer für das zweite Herz
Auch in unserer angeblich so freizügigen Zeit ist das intimste weibliche Organ noch immer Tabuzone. Die New Yorker Schriftstellerin Eve Ensler hat mit Frauen aller Schichten und Altersgruppen Interviews über ihr zweites Herz geführt und daraus die Vagina Monologe gemacht, die weltweit Furore machten. Darüber hinaus initiierte Ensler den V-Day zum Stopp der Gewalt gegen Frauen. Mit Gewalt gegen Frauen und Kinder war auch die Schauspielerin Gabriele Deutsch bei ihrer Theaterarbeit an Linzer Kindergärten immer wieder konfrontiert, ein Anlass mehr, sich mit den Vagina Monologen auseinander zu setzen. Mit einer klug gewählten Auswahl und Liedern aus verschiedenen Kulturen stellte sie sich am Donnerstag in den Linzer Austria Theater Werken vor, am Cello begleitet von Hemma Coufal. In ihrer berührenden Collage schlüpft Deutsch in die unterschiedlichsten Rollen, von der alten Frau, die das da unten gründlich verdrängt hatte, bis zur vielfach vergewaltigten Bosnierin. Dabei entwickelt Deutsch die ganze Bandbreite weiblicher Empfindungen, wobei Lust und Humor nicht zu kurz kommen.
Birgit Thek, Neues Volksblatt
Gefühlswelt
In die Rolle verschiedener Frauen schlüpft Gabriele Deutsch
In unserer Gesellschaft wird gerne weggeschaut. Unangenehmes wird als nicht vorhanden gesehen. Es wird tabuisiert. Doch wie lange kann man die Augen vor der Realität verschließen?
Gabriele Deutsch hat gesehen, gefühlt und erlebt. Als sie mit einem Stück ein Jahr lang in Kindergärten unterwegs war, wurde sie beinhart mit der Realität des Lebens konfrontiert.
Ich sah leere Augen, blaue Flecken und erlebte Kinder, die sich mir geöffnet haben, weil sie das Stück, das ich spielte, so berührt hat. Ich habe mich mit den Tanten unterhalten, erfuhr etwas über Lebenssituationen und dann sah ich die Frauen, die Mütter der Kinder. Frauen, die sich, aus welchem Grund auch immer, nicht befreien können.
In dieser für sie prägenden Situation lag plötzlich ein Buch am Tisch: Die Vagina Monologe. 1997 von der amerikanischen Journalistin und Dramatikerin Eve Ensler nach Interviews mit 200 Frauen geschrieben. Ein Buch, das mit Texten über die ganze Bandbreite weiblichen Empfindens gefüllt ist. Ein Buch, das der Hit am Off-Broadway wurde und seither in 35 Ländern gespielt wurde.
Emotion, Kraft, Witz, Charme
Die Emotionalität, die Kraft, die im Aussprechen des Unaussprechlichen steckt, aber auch der Witz und der Charme der Texte haben die Linzerin so sehr gefangen genommen, dass sie Die Vagina Monologe jetzt auf die Bühne bringt.
Wer angesichts des Titels, ohne Kenntnis des Inhalts, auf eine Hasstirade gegen Männer vorbereitet ist, den muss Deutsch enttäuschen. Dieses Stück ist nicht diskriminierend für Männer. Und es ist auch nicht nur für Frauen gedacht. Bei aller Härte, die mitunter darin enthalten ist, gibt es viel Humor, den durchaus auch Männer mögen werden.
Dabei wurde Deutsch auch von Frauen im Vorfeld der Produktion am häufigsten mit der Frage konfrontiert, ob man denn alles in die Öffentlichkeit zerren muss. Es gibt eben Dinge, die ein Geheimnis bleiben sollten.
Dem widerspricht die Schauspielerin nicht. Aber: Bei allen Gefühlen, die keine Öffentlichkeit vertragen, gibt es zwischen Hüten und Tabuisieren einen Wesens-Unterschied. Die Intention ist ein andere, die Grenzen sind jedoch fließend.
So sind ihrer Meinung nach Die Vagina Monologe nicht auf das Sexuelle und den Voyeurismus ausgerichtet, sondern sie sollen dazu anstacheln, Tabus, vor allem gewaltbegünstigende Tabus zu brechen. Fast schon philosophischer Nachsatz: Nur ein Mensch, der seine eigene Freiheit wertschätzt, wird die anderer wertschätzen.
Zudem hat sich die Linzerein die Mühe gemacht, auf Enslers Spuren zu wandeln. Ich habe mich im vergangenen halben Jahr mit vielen Frauen getroffen und unterhalten. Deren Erlebnisse und Gefühle habe ich versucht, in Liedern zu vermitteln. Das ist mein persönlicher Beitrag zu dem Stück.
Mit Die Vagina Monologe möchte die Linzerin letztlich nichts anderes erreichen, als dass die Menschen Frauen wie Männer innehalten und nachdenken, wie es ihnen geht und wo sie stehen. Das ist ihre Vision.
Reinhold Gruber, OÖNachrichten
Gabriele Deutsch spielt Die Vagina Monologe von Eve Ensler
Das Unaussprechliche aussprechen
Ich habe in einer Theaterzeitung die Stückbeschreibung entdeckt, diese gelesen und sofort gewusst: Das ist es, was ich suche, erinnert sich die Schauspielerin Gabriele Deutsch an ihren ersten Kontakt mit Eve Enslers Vagina Monologen. Ein Stück mit verschiedenen Frauenfiguren, das sich eines ungemein wichtigen Themas annimmt. Ich habe mir den Text sogleich beim Bühnenverlag bestellt, ihn gelesen und beschlossen, das mache ich.
Ab 11. Dezember spielt Gabriele Deutsch die Monologe zuerst in den Austria Theater Werken in Linz, das ist jenes Theaterhaus im Süden von Linz, in dem freie Theaterproduktionen wie etwa auch das kuk-Theater regelmäßig anspruchsvolle Stoffe in ebensolcher Umsetzung servieren. Ab Jänner 2004 steht dann eine Gastspielreise durch ganz Oberösterreich an mit einem Theaterstück, das entstanden ist, weil ich anfing, mir über die Vagina Sorgen zu machen. Bei mir fangen die meisten Dinge so an etwas macht mir Sorgen. So beginnen die Monologe, die die in New York lebende Eve Ensler auf Basis von Interviews mit mehr als 200 Frauen entwickelt hat als ganz wunderbare kunstfertige Hinterfragung: Denn es geht bei den Vagina Monologen um eine Anregung zur weiblichen und männlichen Selbsterkenntnis, um eine liebevolle Aufforderung, den eigenen Weg zu Lust und Erotik zu finden. Gleichzeitig wird ein entschiedenes Plädoyer gegen sexuelle Gewalt formuliert.
Gabriele Deutsch kommt aus Steyregg, ihre Ausbildung erhielt sie an der Schauspielschule Antonio Fava (Commedia dellarte) in Italien, bei Erika Gangl in Tanzpädagogik und bei Erika Boy in Gesang. Wie kaum eine andere Schauspielerin hat sie, mit Tätigkeitsschwerpunkt am Linzer Theater des Kindes, das Kindertheater in Oberösterreich in den beiden vergangenen Jahrzehnten geprägt. Für ihre Motivation , sich Enslers Monologen anzunehmen, spannt sie sehr wohl einen Bogen vom Kindertheater zum Bruch mit gewaltbegünstigenden Tabus in den Vagina Monologen: Als ich mit der Theater des Kindes Produktion Der Zaubermantel durch die Kindergärten tourte, wurde ich im Umfeld meiner Gastspiele mit sozialen Bedingungen konfrontiert, die mir selbst fremd waren. Ich habe über die Kinder oder deren Mütter, die sie vom Kindergarten abholten, Familiensituationen kennen gelernt, die mich spüren ließen, wie es zugeht: Kinder, die mit faulen Zähnen herumlaufen, weil sich niemand in der Familie Zeit nimmt, mit ihnen zum Zahnarzt zu gehen: Frauen, die verlassen worden sind: Frauen, die geschlagen werden. Frauen, die alkoholkrank sind. Ich fand es an der Zeit, diesen Frauen eine Stimme zu geben, ihre Lebensgewohnheiten zu erzählen.
Für Kinder oder Erwachsense zu spielen bedeutet ihr keinen Unterschied: Wir Schauspieler dringen in ihren Existenzraum ein und hinterlassen etwas und nehmen auch etwas. Um in den Raum des Kindes einzudringen, brauche ich sein Vertrauen. (...) Ich gehe an die Tür und klopfe an und frage, ob ich mit ihnen spielen darf, aber da sind auch all die anderen, auf die ich achten muss. Ich erzähle eine Geschichte allen und nicht, wie das einzelne Kind sie vielleicht gerade braucht, schreibt die Schauspielerin über ihre Arbeit programmatisch in einem Vortragstext.
Mit ihrer Fassung von Eve Enslers Die Vagina Monologe liegt es nicht anders: Sie geht an unsere Türen, klopft an. Wer sie einlässt, wird erkennen, wie Enslers Texte die Kraft spüren lassen, die im Aussprechen des Unaussprechlichen liegt.
Die Geschichten, die Gabriele Deutsch uns während des 80-minütigen Theaterabendsolos, musikalisch begleitet von Hemma Coufal am Cello, erzählt, sind Geschichten, die sie uns allen erzählt, gewiss nicht in der Weise, wie sie eine Frau oder ein Mann vielleicht gerade braucht. Es ist ein Abend für Jung und Alt, für Männer und Frauen, Männer werden nicht diskriminiert. Vieles wird von der humorvollen Seite gesehen. Anderes durch eine Verstärkung der Fakten, durch Zusatzinformationen, die ich umfangreich recherchiert habe, darunter Wissen über weibliche Sexualität. Textzitate von Henry Miller oder auch von einer Autorin aus Kairo zum Thema Verstümmelung von Geschlechtsorganen. Und die Schauspielerin leistet auch ihren persönlichen Beitrag: Gabriele Deutsch hat das Stück um Lieder erweitert, die ihr von Frauen geschenkt worden sind, mit denen sie über deren Lebensgeschichten gesprochen hat. Seit jeher hat die Musik für Emigranten eine Schlüsselstelle inne. Sie ist Ausdruck der Seele eines Volkes und erinnert die Menschen, wer sie sind und woher sie stammen. Dabei handelt es sich allesamt um Frauen, die als Nicht-Österreicherinnen hier bei uns leben, vom Au-pair-Mädchen aus Finnland bis zur alten Dame aus Brasilien.
Gabriele Deutsch spielt Eve Enslers Vagina Monologe ab 11.12.03 in den Austria Theater Werken.
Peter Klimitsch, Kulturbericht des Landes OÖ 12/03
2003: Subjektive Rückschau auf Kultur-Ereignisse, die uns besonders beeindruckt haben und in Erinnerung bleiben werden
Jahresrückblick der Kulturredaktion
...Eine der packendsten Kunst-Erfahrungen liegt erst kurz zurück: herrlich Gabriele Deutsch völlig unpeinliches, tabufreies und intensives Spiel im Kult-Stück Die Vagina Monologe in den Linzer Austria Theater Werken.
Christian Pichler, OÖNachrichten