CHRISTOPH RANSMAYR - ODYSSEUS. VERBRECHER
Moderation OÖ Landesbibliothek
Christoph Ransmayr
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Bühnenkunstpreis 2006
Jerusalem an der Donau
De Avilas Erbe
Literatursalon im Posthof Linz

14. Oktober 2010


Es lesen Christoph Ransmayr (Odysseus), Gabriele Deutsch (Penelope), Julia Ribbeck (Athene) und Harald Bodingbauer (Telemach)

"Heimkehr? Aus einem Krieg ist noch keiner heimgekehrt - jedenfalls nicht als der, der er war."

Odysseus kehrt aus dem Krieg um Troja nach jahrelangen, von Gier, Lust und Ehrgeiz bestimmten Umwegen als Schiffbrüchiger heim und erkennt sein Land nicht mehr: Ithaka scheint während herrenloser Jahre im Chaos versunken. Der Heimkehrer, der den Waffen abgeschworen hat, will als Prophet des Friedens die alte Ordunung wiederherstellen und wird am Abgrund zwischen seinen Sehnsuchtsbildern und der Wirklichkeit erneut zum Schlächter.
Das Stück "Odysseus.Verbrecher - Schauspiel einer Heimkehr" wurde von Schauspiel Dortmund im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas "Ruhr 2010" uraufgeführt.


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Sie meinen es stets gut — Ransmayr im Posthof

Odysseus, ein Held? Weil er, der listige Kämpfer, den Trojanern das hölzerne Pferd untergejubelt und damit den Krieg gewonnen hat? Oder doch nur ein „Städteverwüster“? Jahrelang herumgeirrt, kehrt er schließlich in die Heimat Ithaka zurück. Und erfährt dort nur Verachtung. Vom „Flintenweib“ Athene etwa. „Städte werden nur verwüstet“, rechtfertigt sich Odysseus, „wenn sie der guten Sache im Weg liegen“. Schnippisch fragt Athene nach: „Kollateralschaden?“

Basierend auf Homers Epos, hat der 1954 in Wels geborene Ransmayr den Mythos nicht einfach billig in die Jetztzeit übertragen, aber so viel ist klar: Seit Menschengedenken werden Dumm- und Grausamkeiten mit denselben Rechtfertigungen verübt. Krieg dient stets der guten Sache, egal, von welcher Seite. Dem Sohn gegenüber beantwortet Odysseus dessen Frage nach dem Töten im Krieg so: „Man tötet nicht, man versucht zu überleben.“ Penelope, Gattin des Odysseus, bringt es auf den Punkt: Für den Krieg habe der „Held“ schmählich seine Familie im Stich gelassen. Deshalb auch ihre zwischenzeitlichen Bettgeschichten mit den „Reformern“, die in Ithaka inzwischen die Macht übernommen haben. „Wohlstand“, „Sicherheit“ etc. versprechen sie, doch der Heimkehrer Odysseus, der doch nur Frieden ins Land bringen wollte, schlachtet die „Reformer“ ab. Vom Krieg geradezu infiziert, kann er nicht von der Gewalt lassen.

An Ransmayrs Seite eindringlich vortragend: Gabriele Deutsch, Julia Ribbeck und Harald Bodingbauer.

Dieses sprachgewaltige „Schauspiel einer Heimkehr“ ist zugleich Psychothriller und wütendes Plädoyer gegen die Seuche Krieg.

Christian Pichler, Neues Volksblatt


Fotos: Quelle ORF